Was nützt Deutschlandticket im ländlichen Raum?
Unter diesem Titel haben der Verkehrsverband Westfalen e.V. und der Westfalen e.V. mit dem Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, Oliver Krischer und 150 Gästen diskutiert. Eine Aufzeichnung des Livestreams steht unter www.dortmund.ihk24.de/XYZ zur Verfügung.
„Der ÖPNV ist zwar das Rückgrat der Verkehrswende, aber das Rückgrat hat derzeit einen Bandscheibenvorfall. In ländlichen Teilen Westfalens droht Ausdünnung, in Verdichtungsgebieten droht Überlastung. Kommunen ächzen unter gestiegenen Kosten. Hinzu kommt: Westfalen braucht dringend S-Bahn Konzepte und den weiteren Ausbau von Schienenstrecken zur besseren überregionalen Anbindung.“, beschreibt Manfred Müller, Vorsitzender des Westfalen e.V. die Beweggründe der beiden Veranstalter.
Minister Oliver Krischer unterstützte die zentrale Rolle des ÖPNV. Er beschrieb, wie das Land NRW seine Verantwortung auf den verschiedenen Ebenen wahrnehme. Für den überregionalen Verkehr stehe das Schienennetz im Mittelpunkt, für das man sich beispielsweise beim zweigleisigen Ausbau zwischen Lünen und Münster mit großem Nachdruck und eigenen Ressourcen einsetze. Für die regionale Erreichbarkeit liege in der Vernetzung ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg. Zum einen in der digitalen Vernetzung mit den Nutzern, zum anderen in der Vernetzung mit den Kommunen und Kreisen für die lokale Expertise. Nicht zuletzt warb Minister Krischer für eine Vernetzung der Verkehrsarten. „Um Gewerbegebiete besser zu erreichen, können Pkw und Bus auch Partner bei der Mobilität für die Pendler*innen werden. Mit dem Wettbewerb Ways2Work biete ich aktuell allen Kommunen die Gelegenheit, gute Ideen für einen intelligenten ÖPNV durch mein Ministerium mit bis zu 80% fördern zu lassen.“ Weitere Infos unter www.ways2work.nrw.
Der Vorsitzende des Verkehrsverbandes Westfalen, Marc Simon rückte die Infrastruktur in Westfalen in den Vordergrund. Der aktuelle Leitfaden seines Verbandes für die Integration urbaner Seilbahnen in den ÖPNV sollte ein Impuls sein, über den Tellerrand hinaus zu schauen. „Der Wunsch nach einem besseren ÖPNV lässt sich nicht allein mit dem Scheckbuch lösen. Die Verkehrsinfrastruktur schafft langfristig die notwendigen Voraussetzungen für mehr Mobilität“, bringt Marc Simon sein Fazit auf den Punkt. Der Verkehrsverband Westfalen e.V. hat einen Schaden von mindestens 1,8 Milliarden Euro durch die Sperrung der A 45 in Lüdenscheid ermittelt. „Das zeigt, wie dramatisch sich fehlende Erreichbarkeit für die Wirtschaft und die Bevölkerung auswirkt. Gleichzeitig sieht man daran aber auch das Potenzial, wenn Gewerbegebiete bessere Anbindungen erhalten“, so Simon weiter.
Der Experte für das Schienennetz aus dem internationalen Beratungsunternehmen SMA & Partner, Florian Zumklei erläutert die Rolle des Schienennetzes für die Erreichbarkeit in Westfalen. Er kommt zu dem Ergebnis, dass der sog. Deutschlandtakt eine spürbare Verbesserung auch für den SPNV bedeute.
In der Diskussion zeigte sich nicht überraschend die Finanzierung des ÖPNV als Schwerpunktthema. Joachim Künzel, Geschäftsführer des NWL beklagte eine bei weitem nicht auskömmliche Finanzierung des Schien-Nahverkehrs. Der NWL kalkuliere mit einem inakzeptablen Defizit von 100 Millionen Euro.
Dr. Martin Klein, Hauptgeschäftsführer des Landkreistag vewies darauf, dass sehr ländliche Räume nur sehr eingeschränkt vom Deutschlandticket profitierten. „Was hilft das Deutchlandticket, wenn kein Bus fährt auf dem Land?“
Anja Fischer, Vizepräsidentin der IHK zu Dortmund und Busunternehmerin erweiterte die Diskussion. Zum einen leide der ÖPNV unter einer Bürokratielast auf allen Ebenen und warb für mutige Schritte. Beispielsweise würde der Verzicht auf die Bargeldannahme in Bussen Kosten und Zeit sparen, stehe aber aufgrund des Widerstandes von Fahrgästen überhaupt nicht zur Diskussion.
Der Direktor des Landschaftsverbandes Westfalen, Dr. Georg Lunemann betonte zum einen die Verantwortung der öffentlichen Hand als Arbeitgeber. Für die Vorbildfunktion sei es unverzichtbar, in die stärkere Nutzung des ÖPNV bei den eigenen Belegschaften zu investieren. Zum anderen erlebe der LWL bei seinen vielfältigen Einrichtungen von den Kliniken, den Jugendhilfe-, aber auch den Kultureinrichtungen die hohe Bedeutung einer ÖPNV-Anbindung für die gesamtgesellschaftliche Teilhabe.
Moderator Stefan Peltzer resümierte, dass eine bessere Mobilität eine kontinuierliche Gemeinschaftsaufgabe sei. So habe der Verkehrsverband Westfalen im Oktober mit Unterstützung des Westfalen e.V. einen Wasserstoffatlas für Westfalen vorgestellt. Der Westfalen e.V. greift die Ergebnisse auf und lädt am 07.02. um 18:00 Uhr zur Veranstaltung Wasserstoffregion Westfalen nach Hamm ein. Weitere Infos auf https://www.westfalen-ev.de/allgemein/wasserstoffregion-westfalen/