Hamm. Die Verbesserung der Bildung ist eine Mammutaufgabe, die nicht schnell zu schaffen ist: „Wir haben es mit Menschen zu tun. Das braucht Zeit“, warb Dorothee Feller für Geduld bei den Veränderungsprozessen in den Schulen. Die Ministerin für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen ging im Anschluss an die Mitgliederversammlung von Westfalen e.V. auf grundsätzliche und aktuelle Entwicklungen in ihrem Verantwortungsbereich ein. Schnelle Lösungen bei der Behebung des Lehrermangels und der Beseitigung von Bildungsdefiziten bei Schülerinnen und Schülern seien nicht zu realistisch, verwies die Rednerin auf grundsätzliche Herausforderungen, die Schritt für Schritt bewältigt werden müssten. Zugleich warnte die Ministerin vor überzogenen Erwartungen: „Schule kann nicht alles, es gibt auch noch Elternhäuser“, deutete sie an, dass Bildungseinrichtungen allein die Mängel nicht beheben könnten.
Dorothee Feller machte jetzt im Innovationszentrum Hamm deutlich, dass der akute Lehrermangel – etwa 6700 Stellen sind landesweit unbesetzt – wegen fehlender Kräfte und der vergleichsweise langen Ausbildungsdauer nicht schnell zu beheben sei. Mit dem Handlungskonzept Unterrichtsversorgung erhielten auch Seiteneinsteiger den Zugang zum Lehrerberuf, durch bessere Bezahlung der Lehrerinnen und Lehrer (finanzielle Gleichstellung der Entlohnung von Pädagogen an Grundschulen und weiterführenden Schulen) und Entlastung durch nicht-pädagogische Kräfte (etwa Alltagshelfer an Grundschulen) sowie Abordnungen von Bediensteten an unterversorgte Schulen sollten die Herausforderungen angegangen werden. Das Handlungskonzept werde bald fortgeschrieben, um weitere Entlastungen für Schulleitungen („Sie halten das System vor Ort zusammen.“) und Lehrer umsetzen zu können. Gleichzeitig betonte die Ministerin, dass die Bereiche Schule und Jugend die einzigen Bereiche seien, die von den erforderlichen Ausgabenkürzungen im Landeshaushalt ausgenommen worden seien.
„Die Kinder kommen mit deutlich geringerem Wortschatz in die Schulen“, prognostizierte sie, dass die Defizite bei den Deutschkenntnissen ein Phänomen in allen Bundesländern sei. Neben der Förderung von Basiskompetenzen (Lesen, Schreiben, Zuhören, Verstehen) soll ein Diagnose-Werkzeug erarbeitet werden, um gezielte Förderungen von Kindern ermöglichen zu können. Aktuell seien 102000 Kinder in der Erstförderung (davon 41000 aus der Ukraine), um eine Beschulung zu gewährleisten. Zudem sei der Anteil an Analphabeten steigend. Gleichzeitig brach die Politikerin eine Lanze für die duale Ausbildung: „Es muss nicht jeder Abitur machen“, verwies sie auf etwa 300 Ausbildungsberufe, die attraktive Chancen böten. Um die etwa 11000 jungen Menschen, die Probleme beim Berufseinstieg haben, zu unterstützen, sollen „Übergangslotsen“ unterstützen, damit der Schritt in reguläre Ausbildungen gelingt.
Die „Demokratiebildung“ müsse dringend gestärkt werden, erklärte Dorothee Feller auch vor dem Hintergrund der „unerträglichen Verbrechen“ der Hamas gegen Israel. Eine Konsequenz: Erziehung und Bildung müssten besser aufeinander abgestimmt werden, deshalb habe das Ministerium sofort Informationsmaterialien bereitgestellt, zugleich gebe es drei Großveranstaltungen, um grundlegende Unterstützung zu bieten. „Die besten Werbeträger für den Beruf sind die Lehrerinnen und Lehrer selbst. Da arbeiten wir dran“, deutete die Ministerin an, dass neue Wege beschritten werden sollen, um den Lehrerberuf attraktiv(er) zu machen.
Bei der Mitgliederversammlung des Westfalen e.V. wurde Frank Sundermann aus Westerkappeln (ehemaliger SPD-Landtagsabgeordneter, jetzt Geschäftsführer der Remondis Wasser und Energie GmbH) einstimmig als Nachfolger des bisherigen Vorstandsmitglieds Dr. Hans-Ulrich Predeick gewählt. „Wir wollen gemeinsam für Westfalen streiten“, berichtete Westfalen-e.V.-Vorsitzender Manfred Müller von Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit der Westfalen-Initiative und anderen Organisationen, die gemeinsame Ziele verfolgen.
In seinem Jahresrückblick hob der Vorsitzende die Veranstaltungen zu „375 Jahre Westfälischer Friede“ hervor, zu denen über 1000 Besucher kamen. Insbesondere die Einbeziehung junger Menschen in das Thema solle weiter verfolgt werden, so Müller.
Die nächste große Veranstaltung von Westfalen e.V. findet am 4. Dezember bei der Westfalen AG in Münster zum Thema „Energie- und Antriebstechnologien der Zukunft“ statt. (vor)